Das Lymphsystem des Pferdes und wichtige Erkrankungsbilder
Das Lymphsystem oder auch lymphatisches System genannt, ist neben dem Blutgefäßsystem das zweite Körpersystem des Pferdes, das Flüssigkeit transportiert.
Dabei wissen die meisten Menschen welche Bedeutung das Blut für den Körper, weniger bekannt ist jedoch die Tatsache, dass auch das Lymphsystem bzw. die Lymphe eine lebenswichtige Körperflüssigkeit ist. Welche Funktion das lymphatische System hat, nimmt man meist erst dann wahr, wenn es seiner Funktion nicht mehr ausreichend nachkommen kann und es zu Infekten, Entzündungen oder sichtbaren Schwellungen kommt.
Doch nun erst einmal ein paar Ausführungen zur Anatomie und der Funktion dieses speziellen Körpersystems:
Aufgeteilt wird Das Lymphsystem in die lymphatischen Organe und das Lymphgefäßsystem.
Die verschiedenen Lymphzentren sind dabei durch sogenannte Lymphbahnen verbunden. In den Lymphbahnen fließt die klare und zähflüssige Lymphflüssigkeit (Lymphe) und ist damit beschäftigt, Nährstoffe zu den einzelnen Zellen zu transportieren.
Eine weitere wichtige Aufgabe des Lymphsystems ist das Filtern von Bakterien und Schadstoffe. Auch an der Bildung von Antikörpern sind die in der Lymphflüssigkeit enthaltenen Lymphzellen zu einem großen Teil beteiligt.
Dieses komplexe System beginnt als kleine Lymphkapillare in den Randbereichen. Die Lymphkapillaren verbinden sich dann zu größeren Lymphgefäßen, in die wiederum die Lymphknoten (diese gehören zu den sekundären lymphatischen Organen) als Filter eingegliedert sind. Deshalb dienen die Lymphgefäße zur Verbreitung der Lymphozyten Þ Lymphzellen. Die einzelnen Lymphgefäße vereinigen sich zu Lymphsammelstämmen und münden in die Venenwinkel.
Zu den primären lymphatischen Organen gehören:
– das Knochenmark
– der Thymus
Zu den sekundären lymphatischen Organen gehören:
– die Lymphknoten
– die Milz
– die Mandeln im Halsbereich
– die Lymphfollikel an den Schleimhäuten
Bei den Lymphzellen unterscheidet man wiederum zwischen T- Zellen (entwickeln sich und reifen im Thymus) und B-Zellen (diese entwickeln sich und reifen im Knochenmark). Nach der Reifung gelangen die Zellen in die Blut- und Lymphbahnen und befinden sich dann hauptsächlich im Lymphgewebe, in den Lymphknoten, in der Dünndarmschleimhaut, sowie in der Milz.
Von den Lymphzellen werden körperfremde Stoffe erkannt, und die Bildung von spezifischen Antikörpern gesteigert.
Wie fließt die Lymphe nun durch das Lymphsystem unserer Pferde?
Ähnlich wie Venen haben auch die Lymphgefäße sogenannte „Klappen“. Ein Lymphangion bezeichnet jeweils den Abschnitt zwischen zwei solchen Klappen und hat seinen eigenen Signalgeber. Durch das Zusammenziehen wird die Lymphflüssigkeit dann von einem Lymphangion zum einem weiteren vorwärtsgepumpt.
Die Lymphgefäße besitzen außerdem eine „Eigenmuskulatur“, die sich erst auf Dehnungsreize aktiviert. Bei Ansammlungen von Lymphe kann also, z. B. durch Bewegen des Pferdes, die Eigenmuskulatur dieser Gefäße aktiviert werden.
So wird auch klar, warum es Aufgrund von wenig Bewegung oder auch gesteigerter Produktion von Lymphe zu Schwellungen oder Stauungen kommen kann.
Was sind typische Erkrankungen des Lymphsystems, die bei Pferden auftreten können?
Bei einer Lymphstauung (auch Lymphödem genannt) handelt es sich um eine sichtbare Weichteilschwellung. Die Lymphflüssigkeit kann in dem betreffenden Bereich nicht mehr abtransportiert werden. Eine solche Stauung tritt beim Pferd häufig an den Beinen auf, aber auch z. B. am Hals, dem Bauch oder dem Genitalbereich. Ursachen eines Lymphödems können Erkrankungen und Veränderungen der Lymphgefäße oder auch der Lymphknoten sein. Es kann aber auch durch Verletzungen, Operationen und Tumoren zu einer Störung des Abtransports der Lymphe kommen. Bei all diesen genannten Problemen handelt es sich um sekundäre Lymphödeme. Wenn das Problem angeboren ist, dann sprechen wir von primären Lymphödemen.
Wichtig ist abzuklären, was die Ursache ist (Schwellungen können nämlich auch andere Ursachen, wie zum Beispiel eine Herzschwäche haben). Dann sollte recht zügig eine Therapie erfolgen, damit die Schwellung (auch Ödem genannt) sich nicht verhärtet. Denn in manchen Fällen ist die sonst nicht mehr rückgängig zu machen.
Ein weiteres häufiges Problem in der Pferdepraxis ist eine Lymphangitis, also eine Entzündung der Lymphgefäße, die bei Pferden oft im Zusammenhang mit einer Phlegmone Þ Einschuss auftritt.
Bei einer Phlegmone handelt es sich um eine großflächige eitrige Entzündung des Unterhautbindegewebes, welche sich auf die Lymphgefäße ausdehnt. Ursache sind Bakterieninfektionen. Dabei dringen Streptokokken oder Staphylokokken durch meist winzige Verletzungen in den Organismus. Häufig betroffen sind deshalb bei Pferden die Beine. Neben einer starken Schwellung der betroffenen Gliedmaße, die sich auch heiß anfühlt, kommt es zu Fieber, Inappetenz, Lahmheit sowie einer erhöhten Puls- und Atemfrequenz.
Kommt es zu einer dieser Erkrankungen müssen Schulmedizin und Naturheilkunde Hand in Hand arbeiten.
Von schulmedizinischer Seite aus greift man beim Lymphödem häufig zu speziellen Bandagen und Schienen zur Kompression. Eine Förderung der Diurese und der Detoxikation ist der nächste wichtige Schritt.
Bei der Phlegmone bzw. der Lymphangitis müssen unbedingt hochdosierte Antibiotika zum Einsatz kommen, je nach Fall zudem Cortison. Außerdem Präparate zur Stimulation der Abwehrkräfte des Körpers. Medikamente, die schmerzstillend und entzündungshemmend wirken, sind z.B. Apirel und Fynadine. Lokal muss, wenn nötig, eine Wundbehandlung erfolgen.
Unterstützend eingesetzt werden Angussverbände (z.B. mit Obstessig-Wasser) zum Abschwellen der betroffenen Gliedmaße. Nach ausführlicher Fallaufnahme kommen als Begleittherapie auch homöopathische Einzelmittel in Frage.
Um das Lymphsystem zu unterstützen, gibt es zudem sogenannte homöopathische Komplexmittel zur Behandlung von Infekten, insbesondere mit Beteiligung des lokalen Lymphsystems. Um die Diurese anzukurbeln, muss an Ackerschachtelhalm und Brennnessel aus der Phytotherapie gedacht werden.
Das Lymphsystem unterstützen mit Kinesiologischem Taping
Eine mittlerweile sehr beliebte Therapieform bei Pferden stellt das Kinesiologische Taping dar. Die elastischen Klebestreifen werden aus einem hochwertigen Baumwollgewebe hergestellt und werden mit einem speziellen Acrylkleber sinusförmig beschichtet. In Dicke, Dehnfähigkeit und Gewicht ist das Tape der Haut sehr ähnlich. Verschiedene Techniken erlauben uns, mit dem Kinesiologischen Taping unterschiedliche Effekte zu erzielen. Die Wirkung geht dabei in erster Linie über die Haut, die Muskulatur, sowie die neuronalen und energetischen Systeme und es sollen vor allem die körpereigenen Heilungsprozesse unterstützen werden. Das Taping an sich stellt meist eine begleitende Therapie zu physiotherapeutischen und/oder auch medikamentösen Therapien dar.
Wird ein Tape angelegt, so unterscheidet man zunächst in Muskel-, Ligament-, Faszien-, Korrektur-, Lymph- und funktionelle Technik. Mit den einzelnen Techniken, mit denen das Tape auf die Haut aufgebracht wird, kann das unter anderem eine Normotonisierung eines Muskels bewirken, die Mikrozirkulation verbessern; die Lymphmenge erhöhen, Narben und Fibrosen positiv beeinflussen und spinalen und supraspinalen analgetischen Systeme aktivieren. Außerdem kommt es zu einer propriozeptiven Stimulierung, passiven Unterstützung und Schmerzdämpfung.
Näher betrachtet werden soll hier nun der Einfluss auf das Lymphsystem. Die Lymphtechnik wird bei Störung des Lymphabflusses angewendet. Einerseits wird durch das Tape ein sanftes Anheben der Haut erwirkt. Dadurch kommt es zu Unter- und Überdruck. Andererseits haben wir den Effekt der Bewegung der Haut bzw. des darunter liegenden Gewebes, was zu einer Eröffnung der initialen Lymphgefäße führt. Somit wird verstärkt Lymphe gebildet. Im zweiten Schritt wird die Aufnahme der interstitiellen Flüssigkeiten ins Lymphsystem verbessert.
Bei der Lymphtechnik werden hauptsächlich die sogenannten Lymphfächer verwendet.
Die Basis wird in die Richtung angelegt, in die die Lymphe abfließen soll. Die Zügel werden mit max. 10 % Zug angelegt und das zu beklebende Gewebe wird zuvor in eine maximale Vordehnung gebracht.
Die Wirkung einer Lymphtechnik mit dem Kinesiologischen Tape im Überblick:
• Erhöhung der Lymphmenge
• Verbesserung der Fließgeschwindigkeit
• Kann Wasserscheiden überbrücken
• Positiver Einfluss auf Narben und Fibrosen
Beim Anlegen eines Lymphfächers wird die Basis immer in Abflussrichtung gesetzt. Versucht wird dann, die Lymphe zu den größeren Lymphknoten abzuleiten. Entsprechend werden auch die Tapes so aufgebracht, dass sie vom Ort des Geschehens langsam in Richtung der Lymphknoten führen.
Die Anlage der Zügel erfolgt dabei (auch in unterschiedlichen Stellungen bzw. Vordehnungen, wie hier des Vorderbeins) unter keiner oder nur minimaler Dehnung des Tapes und eben bei maximal möglicher Vordehnung der zu beklebenden Struktur. Der Verlauf der einzelnen Zügel wird dabei den anatomischen bzw. lymphatischen Strukturen angepasst.
Kommt es nun also zu einer Problematik, an der das Lymphsystem maßgeblich beteiligt ist bzw. wenn eine Störung des Lymphsystems vorliegt, kann der Therapeut nach sorgfältigem Abwägen auch durch eine Lymphanlage mit dem Kinesiologischen Tape unterstützend eingreifen.
Mögliche Einsatzgebiete wären entsprechend beispielsweise…
Gelenkgallen:
Gelenkgallen bezeichnen Flüssigkeitsansammlungen im oder am Gelenk. Gallen können angeboren (auch durch Fehlstellung der Gliedmassen ausgelöst) oder erworben sein. Zahlreiche Einwirkungen auf die Synovia produzierenden Membranen können diese zu einer übermäßigen Aktivität aktivieren.
Ödeme:
Ödeme sind Ansammlungen von wässriger Flüssigkeit im Körpergewebe. Diese Ansammlungen führen zu Schwellungen der betroffenen Gewebe. Ödeme können überall im Körper vorkommen und treten bei zahlreichen Erkrankungen und Stoffwechselstörungen auf.
Lymphatische Stauungen:
Eine lymphatische Stauung ist eine sichtbare Schwellung eines Körperteils durch angestaute Lymphflüssigkeit. Das lymphatische System ist für die Abwehr von Krankheitserregern, körperfremden Substanzen und andere Funktionen zuständig. Seine Gefäße transportieren das gelbliche Lymphplasma. Durch einen Stau kommt es zur Schwellung mit Flüssigkeitseinlagerung, dem sog. Lymphödem.
Kontraindikationen
Sachgemäß angewendet ist das Kinesiologische Taping eine sehr sanfte und praktisch nebenwirkungsfreie Therapieform.
Allerdings gibt es natürlich auch Kontraindikationen, die beachtet werden sollten. Diese sollen hier in einer kurzen Übersicht aufgeführt werden:
- Nicht auf verletzte oder wundheilungsgestörte Haut kleben
- Nicht auf Verbrennungen kleben – auch nicht auf Sonnenbrand
- Vorsicht bei Allergie gegen elastisches Tape oder Klebematerial
- Nicht anwenden über infiziertem oder maligne entartetem Gewebe
- Vorsicht vor Hautreaktion bei Cortison- und Schmerzmittelmedikation
- Vorsicht bei Lymphtapes bei unbehandelter cardialer Insuffizienz
Vielen Dank für diesen hilfreichen Beitrag. Mein Pferd hat immer wieder mit „dicken“ Beinen zu tun und da würde ich gerne nun gerne mal das Lymphtaping ausprobieren, vielleicht hilft es uns ja ein Stück weiter.