Das Kiefergelenk (Articulatio temporomandibularis), ist die Gelenkverbindung zwischen Unterkiefer und Schläfenbein bei unseren Pferden, wird zu den einfachen Gelenken gezählt und ist inkongruent. Inkongruent bedeutet „nichtübereinstimmend“ bzw. es besteht eine Deckungsungleichheit. Da die Gelenkflächen nicht optimal zusammenpassen, gibt es noch eine Knorpelscheibe, die dieses „Problem“ ausbessert. Durch die Anatomie des Gelenks ist am Ende aber auch überhaupt erst die dreidimensionale Kaubewegung möglich.
Die am Gelenk beteiligten Knochen sind zum einen das Os temporale: Fossa mandibularis, Facies articularis. Zum anderen die Mandibula: Caput mandibulae des Processus condylaris, Processus retroarticularis. Die dazugehörigen Bänder sind das Ligamentum laterale und das Ligamentum caudale.
Insgesamt fünf Muskeln bewegen das Gelenk, von denen der größte und von außen sichtbarste der äußere Kaumuskel (M. masseter) ist.
Das Kiefergelenk hat große kompensatorische Fähigkeiten und so bleiben Defekte wie z.B. Zahnprobleme oder Blockaden oft zunächst unbemerkt. Mit der Zeit kommt es durch die Störung des Kiefergelenks jedoch zu Bewegungseinschränkungen und Verspannungen der beteiligten Muskulatur, was wiederum Auswirkungen auf den ganzen Körper des Pferdes haben kann.
Es gibt keine Losgelassenheit mehr und es kommt zu einer Bewegungseinschränkung der Hinterhand und diese kann nicht mehr so schwungvoll nach vorne geführt werden.
Da zudem die Zungenbeinmuskeln wie z.B. der Brustbein-Zungenbeinmuskel (M. sternohyoideus) sowie der Oberarm-Kopf-Muskel (M. brachiocephalicus) verspannen können, wird auch das Vorderbein in seiner Bewegung eingeschränkt und die Streckung nach vorne ist nicht mehr so gut möglich.
Durch die die Verkettung über Muskeln, Faszien und Nacken-Rückenband besteht auch eine Verbindung des Kiefergelenks zum ISG (Kreuzdarmbeingelenk). Die Blockade eines Kiefergelenkes kann daher zu einer Blockade des auf der gegenüberliegenden Seite befindlichen Kreuzdarmbeingelenks führen -> Lese dazu auch meinen Beitrag „Das ISG. Störungen, Ursachen und Therapie.“
Übrigens: Auch umgekehrt kann es durch Blockaden aus dem Bereich der Hinterhand zu Störungen im Kiefergelenk kommen.
Ursachen für Probleme am Kiefergelenk sind z.B.
- Zahndefekte, wie z.B. Zahnhaken
- Blockaden oder Erkrankungen des Kiefergelenks (z.B. Arthrose)
- Zu fest verschnallte Reithalfter und/oder scharfe Trensengebisse
- Zu harte Reiterhand oder die sog. Rollkur
- Stress
Behandlung
Bei einer Problematik eines Kiefergelenks muss natürlich zunächst die Ursache erforscht und beseitigt werden. Erst dann kann gezielt die Blockade des Gelenks gelöst werden.
Abkauübungen sind dabei ein gutes Mittel, bei dem viele Pferde die Blockade praktisch von alleine lösen können.
Zudem helfen Massagen und Lockerung der Kaumuskulatur sowie der dazugehörigen Faszien. Dies kann sowohl manuell als auch mit Hilfe von z.B. Faszienrollen geschehen. Nicht zuletzt ist auch das Kinesiologische Vet-Taping bestens dazu geeignet, nach der manuellen Therapie mit Hilfe von Muskel- oder Faszientechnik (wie z.B. ein Faszienfächer) auf das Gewebe nachzuwirken. Auch Cross Tapes kommen für das Kiefergelenk häufig zum Einsatz. Lese dazu auch meinen Beitrag „Fitte Faszien – mit Faszienrolle und Tape“.
Es sollte zudem nicht vergessen werden, bei der Behandlung sowohl die Nah- als auch Fernpunkte mit einzubeziehen. Hat eine Problem des Kiefergelenks auch eine Blockade des ISG nach sich gezogen, so muss dies bei der Therapie mit einbezogen werden (und umgekehrt).
Verwendetes Material: K-Active Tape Classic verschiedene Farben